Mit ablaufendem Wasser los. Da kein Wochenende ist, bleiben wohl alle, außer uns, im Hafen.

Auch gut, mehr Platz auf dem Wasser.

Nach der Sommerhitze sind einige Gewitterzellen unterwegs. Es blitzt und donnert über unseren Köpfen, jedoch fast ohne Regentropfen oder gar heftige Böen.

So wird es ein netter Segeltag nach Port Medoc in der Mündung der Gironde, die hier fast die Dimensionen hat, wie die Elbe bei Cuxhaven, incl. der Strömung.

 Mit ablaufenden Wasser früh Richtung Arcachon. Dort muss man bei auflaufendem Wasser und Tageslicht an der Ansteuerungstonne sein. Seine Seekarten kann man vergessen, da die Strömung im Wochentakt den Ansteuerungskanal verändert und die Tonnen neu ausgelegt werden. Nach den Tonnen fährt man auf der elektronischen Karte dorthin, wo man auf keinen Fall hinsteuern sollte, voll über die Flachs und Sände.

Bei der Anmeldung per Funk in Arcachon wird man freundlich gefragt, ob man denn die Preise kenne; „We are very expencive“.

„Nö“.

„84,-€, die Nacht“.

Das ist schon happig und noch 34,-€ über dem Durchschnittspreis für ein 14 m Schiff in Frankreich bisher. Mangels Alternativen muss es wohl sein und wir bekommen den letzten freien Platz an einem Stegkopf. Der Hafen rechtfertigt den Preis aus sich heraus jedenfalls nicht.

Am nächsten Morgen treibt uns der Ebbstrom mit bis zu vier Knoten wieder Richtung Europas größter Düne in der Ansteuerung. Mit uns lassen sich unzählige Angelboot treiben und versuchen ihr Glück. Links und rechts der Fahrrinne brodelt die Strömung an den Untiefen und die Tonnen haben im Strom eine Schräglage von fast 45 Grad.

 

Mit dem Wetterbericht hatte ich mich auf eine längere Strecke unter Motor eingestellt. Glücklicherweise wurde der Wetterbericht Lügen gestraft und es briste auf. 4 Bft. NW. Kurs und Wetter für den Genaker. Der zog uns den ganzen Tag zwischen 7 und 9 Knoten SOG in Richtung französisch spanischer Grenze.

Eine schnelle Reise bis nach Hondarribia, auf der spanischen Seite.

So muss Ankommen in Spanien sein, das Hafenwasser riecht nach Waschpulver und die Hafenfische sind auch da, wie immer.

Bemerkenswert, wie sich seit Biarritz der Küstenanblick verändert hat. Die kilometerlangen Strände wurden von den Bergen bis an das Ufer verdrängt.

Weiter, abwechselnd gesegelt und motort, bis nach Bilbao.

Auch auf diesem Abschnitte reichen die tief gestaffelten Berge bis ans Wasser. An den Einschnitten mit Strand stehen die Hochhäuser der Orte. Wahrscheinlich macht hier der Spanier aus dem heißen Süden Urlaub.

Ab hier weiter zu zweit.

 

Nächster Törn nach Llanes. Handbuch und Karte bezeichnen nur vage ein Hafenbecken zum Anlegen. Als wir mit dem letzten Büchsenlicht den Hafen ansteuern, gibt es auch das Hafenbecken, belegt mit Fischern, und voraus eine Mole mit Tor und einer Durchfahrt. An dem Steg dahinter ist gerade noch Platz für Tshotsholoza. Ansonsten an den Schwimmstegen nur Motorboote.

Erstere Eindruck, beschaulicher Hafen, mit einem Tor dass wohl vor und nach Hochwasser geschlossen wird, um den Wasserstand zu halten. Sonst macht hier wohl der Spanier Urlaub, da auch zwei Restaurants zu sehen sind.

Schiff aufklaren und Beschluss Essen zu gehen.

Hinter der Hafenecke prallt man zurück!

Volles Programm!

Hunderte von Leuten schieben sich durch die Gassen. Ein Restaurant neben dem anderen. Rund um das Hafenbecken, das weiter geht, als zu sehen war, drehen sich die Fahrgeschäfte eines Rummels. Die einschlägigen Verkäufer von „Originalen“ von Nike Schuhen breiten weit ich Angebot aus. Der Verkauf der Billigbekleidung scheint hier nicht in der Hand asiatischer Mitmenschen zu liegen, sondern offensichtlich in der Hand südamerikanischer Indiofamilien.

Inzwischen ist nicht mehr die Frage, wo möchte man Essen gehen, sondern, wo ist noch ein freier Platz zu finden. Frei werdende Tische sind schon vergeben. Wer nicht auf Wartelisten steht ist ohne Chance.

Letztlich landen wir auf einer Straßenumrandung vor einem Lokal, wo auch die bedauernswerten Geschöpfe mit Hunger und Appetit, aber ohne Reservierung, bestellen dürfen und bedient werden.

Die Frozzelei, dass der Kurbelbeauftragte für das Hafentor, trotz des Trubels, auch seines Amtes walte und den Hafen nicht leer laufen lässt, hat sich leider bewahrheitet.

Um 01.00 Uhr musste ich die Crew aus dem Schlaf reißen.

Das Wasser lief schnell ab. Kalkuliert auf 1,40m, da das Hafentor, wider Erwarten,  nicht geschlossen wurde. Bei einem Tiefgang von 2,30m schlecht.

Wir müssen hier weg!

Draußen volle Flaute. Maschine an. Ich übernehme die Nachtwache.

Kaum hatte ich es mir für die restliche Nacht im Cockpit bequem gemacht, rumpelte es am Propp und die Drehzahl ging in den Keller.

Bitte nicht!!!

Alles vor und zurück an der Maschine half nicht. Wir hatten uns irgendetwas im Propp eingefangen.

Leider die Crew wieder raus. Ich muss ins Wasser und sehen, was los ist.

Das volle Geraffel von Tauchzeug an Deck. Flasche, Tarierweste, Flossen, Maske, Messer und Lampe.

Ich hatte keine Lust dazu und auch bisschen Schiss einen nächtlichen Tauchgang hinzulegen. Jedoch evtl. auffrischenden Wind ohne Maschine beim Hafenmanöver zu erleben war alternativlos.

Unter Wasser hatte sich ein kompaktes Knäul von Leinen um den Propp gewickelt. Schneiden und Ausdrehen, dann war er wieder frei.

Offensichtlich ohne Schaden.

Nachts um drei ging es weiter.

Zum Glück war bei der Aktion Flaute und kaum Schwell. Das Ganze mit mehr Wind und Seegang möchte ich mir nicht vorstellen.

Ansonsten, das Wasser war warm und um den Propp gab es Meeresleuchten.

Wie sagte Heinz Rühmann, nach der Notlandung in einem See, in Quax, der Bruchpilot: “Hiermit erkläre ich die Badesaison für eröffnet“.

In diesem Sinn …

 

Letztlich liefen wir am Morgen in Gijón zur Regenration ein.

Die sehenswerte Stadt ist die Hauptstadt des spanischen Sidre. Der wird massenhaft, immer nur in ganzen Flaschen überall ausgeschenkt. Es ist dabei folgendes zu beobachten und zu beachten:

Die entkorkte Flasche wird am ausgestreckten Arm über dem Kopf gehalten. Der zu füllende Becher kommt mit der anderen Hand, leicht geneigt, wie zur Abgabe einer Urinprobe, vor das Gemächt. Nun gilt es, mit einem möglichst dünnen Strahl aus der Flasche, den Becherrand innen zu treffen und einen Schluck einzufüllen. Das gelingt selbst dem Könner selten auf Anhieb. In der Folge sind die Eingießer nach ein paar Versuchen von der Taille an abwärts leicht klebrig. Ebenso die Plätze und Straßen vor den Lokalen, wo das Ganze stattfindet. Erschwerend kommt hinzu, dass es gilt nur einen Schluck ins Glas zu bekommen und zum Trinken weiterzureichen. Sollte mehr im Becher sein, so wird der auf die Straße gekippt.

Ein Relikt aus den 50-zigern könnte hier eine Renaissance erleben; der gemeine Handtaschentischhaken. Damit entfiele das Problem die abgestellten Taschen und Rucksäcke wieder vom Boden los zu bekommen.

Die Frauen geben sich mit der Hälfte der Fallhöhe zufrieden. Das geht dann auch im Sitzen.

Fragt sich nun der interessierte Beobachter, warum das klebrige Ritual, so kann aus dem Selbstversuch heraus folgendes berichtet werden:

Der Sidre eingeschenkt nach den Regeln des Herrn Knigge schmeckt dumpf modrig nach Hefe, ohne Restsüße, da er durchgegoren ist.

Eingeschenkt, wie beschrieben, bleibt die Grundnote, tritt aber etwas zurück. Durch den aufgenommen Sauerstoff beim eingießen, lassen sich leichte Fruchtnoten erahnen.

In Summe, das muss man mögen. Der Sidre ist nicht vergleichbar mit dem bei uns erhältlichen Cidre.

Es wird beschlossen die restlichen 140 Meilen ohne weiteren Stopp zu absolvieren. Mit frischem E bis NE laufen wir am nächsten morgen früh in La Coruna ein.

Ich freue mich schon, auf das frische Bauernbrot in der Markthalle mit Serano.