Mit dem Stadtrundfahrtbus geht es aus der Marina in Richtung Havanna. Der klappert vom Westen kommend alle Hotelhochhäuser ab, an denen wir gestern noch vorbeigesegelt sind. Die Vororte, sind durchaus ansehnlich und lassen in Teilen mit ihren alten Villen den früheren Charme erkennen. Unser erster Stopp ist das „National de Cuba“. Das erste Haus am Platze, aus den 30-er Jahren. In der Bar Bilder der Promis die als Gäste in den letzten 85 Jahren im Haus waren.

Leider gibt es am Tag nur eine historische Führung durch das Haus bis auf das Dach. Die war schon um 10.00 Uhr und damit für uns vorbei. Auf eigene Faust kommen wir nur bis zum 8. Etage und nicht aufs Dach. Auch so ein sehenswertes Gebäude mit großartigem Blick aus dem Garten auf das Panorama von Havanna. Allerdings hatten wir schon deutlich bessere Mojitos als hier. Am Rand des Gartens eine kleine Ausstellung in einem Bunker und Splittergräben zur Cubakrise 1962, die hier Raketenkrise heißt. Hop on in den nächsten Bus und entlang dem Malecon in Richtung Altstadt.

 

An der Straße, mit der Fassade zum Atlantik, jede Menge alte Stadthäuser, die stark renovierungsbedürftig sind. Es wird auch eifrig rekonstruiert und auch neu gebaut. Bei den Neubauten handelt es sich allerdings um Hotels. Die wiederum gibt es in der Stadt und der Umgebung schon reichlich, wenn auch überholungsbedürftig. Die repräsentativen Bauten erstrahlen teilweise schon im neuen Glanz oder sind eingerüstet; z.T. luxussaniert für die entsprechenden neuen Mieter, die üblichen Designermarken. Daneben jede Menge Renovierungsbedarf in der Altstadt. Nicht nur da, da auch der Rest der Stadt schwer in die Jahre gekommen ist. Wir Touristen schieben uns durch die Altstadt. Von einigen der Häuser steht nur noch die Fassade. Andere wehren sich mit Hilfe diverser Stützkonstruktionen gegen die Gesetze der Schwerkraft.

An wenigen Wohnhäusern wird gearbeitet. Die sind dabei aber alle auch noch bewohnt. Der Schutt wird um die Bewohner herum abgetragen, während vorn noch die Wäsche flattert. Der Blick in die Hauseingänge offenbart den verblichenen Glanz der Häuser und Höfe. Aus der Menge, der in den Durchgängen installierten Stromzähler, lässt sich auf die Anzahl der Wohneinheiten schließen. Da wurden wohl im Sozialismus die großen, bourgeoisen Wohnungen in kleinere Einheiten, a’la Kommunalka, aufgeteilt.

Die Geschäfte und Läden in den Straßen sind immer noch auf den Bedarf die Bewohner ausgerichtet. Noch sind die Läden mit den einschlägig touristischen Angeboten in der Minderheit. Oft scheinen es Privatinitiativen zu sein, die sich in einem schmalen Treppenaufgang eingerichtet haben. Wir haben inzwischen auch schon den etwas geschulten Blick und entdecken eine Bäckerei. Kein Schild, nichts weist darauf hin. Typisch aber die Fenster und der zurückgesetzte, vergitterte Verkaufstresen in der Hausfassade. Es gibt nur eine Sorte Weißbrot. Da nehme ich doch gleich drei. Bei der weiteren Stadterkundung ragten jetzt drei Brote aus dem Rucksack. Das führt einerseits zu spontanen Kommentaren der Einheimischen, wie gut doch das  kubanische Brot sein, schützte aber trotzdem nicht vor den Schleppern der Touristenlokale. Der Hunger wird in einem Imbiss der Einheimischen gestillt. Ein Blick in die Runde, was denn so gegessen wird. Das wollen wir auch. Es dauert etwas, bis unsere beiden Teller mit Reis und Bohnen, einem dünnen Stück Kassler (?), ein bisschen Gurke und Tomate, sowie einem Klecks Yams fertig sind. Das essen in dem Laden alle. 

Um die Ecke wollten wir eigentlich nur den Gemüseladen fotografieren. Schon drückte uns der junge Mann eine kleine Banane in die Hand und wir waren im Geschäft, eigentlich eine Hofeinfahrt. In der Tiefe mehrere Verkaufstresen, hoch bestückt mit Obst und Gemüse. An den Wänden Bilder von Fidel und Che. Anscheinend der Verkauf der Bauern eine Kooperative. Es gab Sachen wie Salat, Möhren und Limonen, die wir so bisher im Verkauf noch nicht gesehen hatten. Neben den Bananen wurde noch eine exotische Frucht zur Verkostung aufgeschnitten, die aber wegen der leichten Muffigkeit nicht den Weg in unsere Tüte fand. Der Kauf wurde in der Handfläche der Chefin notiert und zusammengezählt. Erste Ansage 25 CUC. Deutlich zu viel. Palaver zwischen Verkäufer und Chefin. Zweiter Preis 20 CUC. Immer noch zu viel. Mit 15 CUC sind wir dann heraus und waren sicher, dass das der Touripreis war. Okay, da es Sachen gab, die wir sonst nicht bekommen haben.

Jetzt hatten wir, neben dem Brot, diverse Tüten weiter durch die Stad zu bewegen. Vor dem Revolutionsmuseum eine Warteschlange. Mit unseren Tüten wohl auch nicht die beste Idee. Dafür hatten wir plötzlich eine kleine Alte, zigarrenrauchend, im Arm. Die lauerte hier wohl Leuten wie uns auf, um sich ablichten zu lassen. Alles sehr nett und das Tip war gerechtfertigt.

Mit der Frage nach dem Verkauf von Zugangskarten für das Internet werden wir drei Mal rechts um die Ecke geschickt, bis wir vor einem ETECSA- (Kubanische Telefongesellschaft) Laden stehen. Besser noch einmal an der Ausgangsseite den Türsteher befragt. Alles klar, ich reihe mich an der Eingangsseite in die sozialistische Wartegemeinschaft ein. Bestimmt 20 Leute stehen vor der verschlossenen Tür, im Gewühl der vorbeistrebenden Passanten. Die Schlange bilden Einheimische und Touristen gleichermaßen. Es gibt in Kuba kein freies WiFi. Jeder Netzzugang läuft über eine Codekarte. Die wiederum sind nicht immer in den Hotels erhältlich. Schon gar nicht in der Provinz.  Der junger Mann vor mir textet seit geraumer Zeit zwei junge Mädels in der Schlange zu, bevor er sich zu mir umdreht: „WiFi card? I got one.“ „Quanta costa?“ „Three CUC. “ „The prize will be two CUC for one hour!” Er zuckt die Achseln, wendet sich wieder den Mädels zu und ich stehe weiter an. War wohl ein Versuch. Wenig später scheren die drei aus, verschwinden um die Ecke und ich rücke weiter auf. Die Schlange hinter mir ist inzwischen weiter angewachsen. Es wird u.a. Italienisch gesprochen. Der junge Mann taucht solo wieder auf. Zwei Italienerinnen ziehen mit ihm um die Ecke, sind wenig später wieder da und reihen sich erneut ein. Wohl auch kein Geschäft. Ganz langsam geht es voran. Vorn wird sich erkundigt wonach denn hier angestanden wird und hinten wächst die Schlange weiter an. Ich habe Zeit, die Passanten zu beobachten. Natürlich jede Menge Touristen, aber auch eindeutig Einheimische. Wohl aber die etwas besser gestellten. Einige Outfits der Damen sind abenteuerlich. Bei XS hört die Größenauswahl auf, obwohl ein paar Konfektionsgrößen darüber immer noch knapp bemessen wären. Irgendwie muss alles unter den Stoff oder auch nicht. Die jungen Männer treiben den Kult dafür mit den Frisuren. In Formen aus der Rapper- und Filmszene geschnitten und dann durchgegelt. Sonnenbrille drunter und Goldkette drum. Auffallend, das ich in der Häufung von Touristen keine Taschendiebe bei der Arbeit beobachtet habe. Das wäre in Europa anders.

Zurück zur Warteschlange. Es geht weiter langsam voran. Langsam kommt der Punkt mit der Frage, weiter anstehen oder abbrechen um den letzten Bus in die Marina noch zu bekommen.  Na, noch ein paar Minuten anstehen. Die ultimative Antwort kommt von anderer Seite. Nur noch gut acht Leute vor mir bis zur Tür. Bisherige Wartezeit eine dreiviertel Stunde. Die Tür öffnet sich von  Innen und es wird verkündet, dass die Internetkarten nun alle seien und man sich gern Morgen wieder bemühen könne. Erstaunlich wenig Unmut und Murren macht sich breit. Noch einmal nachgefragt und dann löst sich die Schlange auf. Ich stehe etwas bedripst herum. Das war’s? Der Blick durch das Fenster zeigt eine Schalterhalle mit mehreren Tresen und ein paar Vitrinen mit Telefonartikeln. Alles bewacht an Ein- und Ausgangstür. Sicher Platz genug, um alle Wartenden von der Straße im klimatisierten Raum unterzubringen. Ist doch wohl alles Volkseigentum, oder?

Wir bekommen den letzten Bus in die Marina. Die Schaffnerin von der Herfahrt hat ihre sozialistisch erkämpfte Arbeitszeit schon beendet. Die Arbeitsplatzbeschreibung des Fahrers umfasst nicht die Aufgabe zu kassieren, sodass wir umsonst fahren. Dafür läuft, trotz Regens, die Klimaanlage auf einer Stufe, dass man sich gern einen Mantel angezogen hätte. War aber nicht und wir haben Havanna überlebt.