Zweimal fuhr mir der Schrecken in die Glieder: Erstens teilte mir die Versicherung mit, dass kein Versicherungsschutz bestände und zweitens, der Geschädigte machte eine Forderung von knapp 100.000,-$ auf.

Aber, der Reihe nach.

 Die Versicherung wand ein, dass Versicherungsschutz nur in europäischen Gewässern bestände. Diese Einschränkung stände in der Versicherungspolice. Die Versicherungspolice lag abgeheftet seit Jahren im Ordner in Berlin. An Bord war der jährlich neu ausgestellte, mehrsprachige Versicherungsschein, als Nachweis einer bestehenden Versicherung bei Behörden, Marinas oder auch im Schadensfall. In ihm heißt der entsprechende Passus: „Versicherungsschutz besteht auch in ausländischen Gewässern“, ohne Einschränkung, auch in der englischen Fassung. Es kostete mich ein schlafloses Wochenende und diversen Mailverkehr mit dem Geschädigten, bis die Versicherung schließlich einräumte, „dass die Aussagen nicht ganz eindeutig sind. Daher treten wir ohne Präjudiz in die Schadenregulierung ein“. Ein Stein fiel mir vom Herzen.

 

In der Zwischenzeit hatte die Werft, auf der ich war, begonnen, das Unterwasserschiff mit Antifouling zu streichen. Ich baute eine neue Stopfbuchse ein, erneuerte die Anoden, pflegte den Propp und polierte das Schiff. Der Warmwasserboiler bekam ein neues Sicherheitsventil.

Tage später hatte der Geschädigte bei der Versicherung eine Schadenssumme von knapp 100.000,-$ eingereicht. Die von ihm beauftragte Werft hatte einen „substantiellen Schaden“ entdeckt. Damit sei  das Schiff zu kommerziellen Zwecken für längere Zeit nicht einsetzbar. Es müsste für eine aufwendige Reparatur aus dem Wasser. Reparaturkosten 18.000,-$. Einnahmeausfall 81.000,-$.

Während meiner Werftliegezeit ging ich immer mal wieder zum Stadthafen hinüber, wo das Schiff immer noch unbearbeitet schwamm.

Nach zehn Tagen kam ich zufällig hinzu, wie ein Werftarbeiter Werkzeug und Material an Bord lud. Offensichtlich sollte das Schiff wohl im Wasser repariert werden. Beim abendlichen Spaziergang konnte ich dann sehen, dass im Mittelteil des Schiffes, also weit entfernt von der beschädigten Ecke, Bodenbretter und Teile der Außenverkleidung erneuert waren. An der Ecke hatte sich nichts getan. Ich machte Fotos und teilte das der Versicherung mit. Ebenso meinen Eindruck, dass ich keinen „substantiellen Schaden“ erkennen kann. An der geschädigten Ecke ist im gesamten Umfeld innen und außen weder der Lack gerissen, noch sonstige Spuren eines Schadens an der Holzkonstruktion zu sehen.

Am nächsten Tag war ich bereit zum Auslaufen. Als ich mein Schiff dafür vorbereitete, kurvte das beschädigte Schiff mit Gästen munter durch den Hafen und die Bucht von Belfast. Es absolvierte seine, auf der Homepage der Firma angebotene, Runde. Keine Spur von „substantiellem Schaden“ oder mangelnder Einsatzfähigkeit. Auch die Fotos gingen an die Versicherung. Ich bin gespannt, wie das jetzt ausgeht.

Drei Kreuze, dass die Versicherung doch eingesprungen ist. Eine neue Prämienrechnung habe ich noch nicht.