Im Herbst schwimmt das Schiffchen endlich wieder und ich bin stolz, wie schön blau der Rumpf das Wasser spiegelt.

 Marseille ist das Etappenziel, um dort Mitsegler zu treffen. Blöd nur, dass der Wind, mit dem zu Wasser lassen von West auf Ost gedreht hat. Das freut all die Mitstreiter aus der Werft, die hier genau darauf gewartet zu haben, um zu den Kanaren und später weiter zu kommen.

Jetzt bin ich am Warten.

Leider stellt sich kein Westwind ein, aber der Ostwind flaut soweit ab, dass ich starte, um wenigstens um das Cabo del Gata zu kommen.

Der Wind wird zur Flaute, also Meilen motoren, bevor ich wieder im Starkwind feststecke. Die Törnplanung wird über den Haufen geworfen, da sich mittelfristig das nächste Sturmtief ansagt. Natürlich auf die Nase.

So lasse ich alle geplanten Zwischenstopps aus und ziehe durch die Nacht und den nächsten Tag gleich bis Valencia durch.

Blöd nur, dass sich herausstellt, dass die Seewasserpumpe, nach dem Impellerwechsel, nun aus der Antriebsachse leckt. Alle Motorstunde ist ein halber Eimer Wasser aus der Motorbilge zu holen, bevor der Pegel die Batterien erreicht. Vor allem in der Nacht eine belastende gymnastische Übung, da ich nicht durchdösen kann.

Wo kommt Ersatz her?

Valencia, als nächster größerer Segelhafen, sollte also entsprechend ausgestattet sein.

Theoretisch ja, praktisch nein, da die Volvo Vertretung im Hafen nur zur Hochsaison geöffnet hat.

Unter der ausgehängten Telefonnummer wird nur auf Spanisch geantwortet. Ich verstehe jedenfalls so viel, dass vor Ort geschlossen ist, was ich sehe, denn ich stehe ja davor. Der Hauptsitz wäre wohl geöffnet. Aha!

Minuten später werde ich aber von der Firma zurückgerufen. Man hat wohl die englischsprachige Mitarbeiterin ans Telefon geholt. Ich erfahre Adre4sser und Öffnungszeiten.

Mit dem Taxi sind es dann doch gute 30 Minuten.

Ich hatte vorher im Internet die den entsprechenden Reparatursatz herausgesucht, sodass die Bestellung in einer Mischung zwischen Spanisch und Englisch ablief. Zur Sicherheit wurde noch die englischsprachige Kollegin herangeholt. Die freite sich dann aber nur noch mit uns, dass wir uns gegenseitig verstanden hatten.

Leider war das Teil nicht am Lager und musste bestellt werden. Lieferbar am Montag. Heute war Donnerstag.

Da sackte ich das erste Mal zusammen.

An dem Punkt meldete sich dann ein weiterer Kollege mit dem Hinweis, dass am Montag in der Provinz Valencia Feiertag wäre. Vor Dienstag ginge da wohl nichts.

Ich klammerte mich an den Verkaufstresen.

Meine Frage, ob sie denn das Teil wenigstens in den Hafen bringen könnten, wurde so beantwortet, dass der Expressdienst es dann am Mittwoch in Hafenbüro abgeben würde.

Ich lag quasi vor dem Tresen.

Okay, ich hole es dann am Dienstag selbst ab, wenn sie mich wenigstens anrufen würden, wenn es im Haus wäre.

Versprochen und einen schönen Feiertag.

Im Hafen hatte der Verlängerungsantrag zur Folge, dass ich von der Nord- zur Südmole, zu den Langzeitliegern, wechseln musste. Deutlich weiter weg vom Hafenausgang.

Hier schwammen die Winterlieger. Einige Schiffe bewohnt, andere eingemottet.

Mein direkter Nachbar segelte unter polnischer Flagge.

Das Schiff war wohl bei Airbnb im Angebot.

Jeden Abend andere Leute, die übernachteten.

Dienstag früh war dann mein Ersatzteil abholbereit.

Wieder an Bord war der Tag noch nicht alt, sodass ich mich gleich an die Reparatur machen konnte.

Trotz der Enge am Motor, ging das besser, als gedacht.

Ob aber das Ersatzteilkit einen Preis von 422,-€ rechtfertigt, darf bezweifelt werden.

Im Ergebnis ist die Kühlwasserpumpe jetzt aber wieder dicht.

Jetzt saßen mir die Zeit, aber vor allem das Wetter im Nacken. Der nächste, heftige Mistral war für den Löwengolf in Aussicht gestellt. Vorher musste ich in Marseille sein, um meinen Crewtermin sicher zu halten.

Die Strecke Valencia – Barcelona durch mit einem Ankerstopp in Rapita.

In Barcelona zur Nacht fest, um dann nach Marseille die letzten 150 sm Nonstopp anzugehen.

Am nächsten Vormittag lief ich in das Bassin Vieux ein.

Ein Wochenende. Rund um den Hafen schon jetzt Jubel und Trubel.

Mein Reservierungsversuch vorher hatte nicht geklappt.

Am Funk nur Absagen der unterschiedlichen Marinas.

CNTL lies mich wenigstens anlegen. Der freundliche Hafenmeister versuchte fast eine Stunde mir telefonisch einen Liegeplatz zu organisieren. Ohne Erfolg.

Und nun?

Ausweichen nach Frioul, dem Hafenbecken der vorgelagerten Insel.

Hier gab es Platz und die Besonderheit, dass die Schiffspitze an den ausgelegten Bojen fixiert und dann rückwärts angelegt wurde.

Nach dem Trubel in Marseille, eine entspannte Stimmung im Ort, was auch der Hafenmeister so sah und schätzte.

Nur, als in der Nacht der Mistral zu blasen begann, war meine Boje nicht so sehr auf Spannung zu bringen, dass das Heck von der Mole fernblieb. Von dem Platz musste ich weg.

Der Hafenmeister wies mir einen Platz längsseits in der Hafenecke zu, der leidlich geschützt war. Nicht ohne den Hinweis, am nächsten Morgen den Platz wieder zu wechseln, da mit dem erwarteten Winddreher um 180 Grad, die volle Welle durch den Hafen in diese Ecke laufen würde.

Ein sehr guter Tipp, denn so war es.

Inzwischen lag ich aber auf der Leeseite der Mole.

Eine Liegeplatzzusage für Marseille hatte ich inzwischen auch bekommen, sodass ich auf Frioul den Starkwind und die Ankunft der Crew in Marseille abwarten konnte.

Den kleinen lokalen Supermarkt freute es auch, da die morgendlichen Baguettes weggingen und das Bierregal umgewälzt wurde.

 

Als es ums Ausklarieren ging, gab es hinter dem Tresen des etwas Unruhe. Wie sich herausstellte, war das gesamte Softwartepaket des Hafens neu aufgespielt worden, funktionierte aber noch nicht so richtig. Eine Abrechnung war nicht möglich.

Mir wurden meine Schiffpapiere überreicht, die Rechnung geht auf uns, so der Hafenmeister.

Na, vielen Dank, für freundliche Aufnahme und sechs Tage freies Liegen.

Pünktlich für die Crew lief ich in Marseille ein.