Ein paar Tage Luxus in der Charleston City Marina müssen schon sein, um die Stimmung hoch zu halten. Eine warme Dusche, Wärme im Schiff und einen sicheren Liegeplatz erkauft man sich. Dazu gibt es noch einen kostenlosen Shuttle in die Stadt, zum Supermarkt oder, einmal täglich, zu West Marine. Natürlich wird man auch wieder abgeholt.

 

Neben den alten, geschichtsträchtigen Häusern, die wir schon beim ersten Besuch besichtigt hatten, eignet sich Charleston auch für diverse Shoppingstunden. Dabei liegt der Schwerpunkt der Läden und Angebote deutlich auf der weiblichen Kundschaft. Nichts desto trotz, ist ein Modeladen, der in ein altes Kino/Theater hineingebaut worden ist, auch für Männer interessant. Bühne, Kulissenaufzüge und Balkone wurden integriert.

Wichtiger war aber für mich, dass hier ein gebrauchter Austauschgenerator bereitstand, um den in Belfast defekt ausgebauten zu ersetzen. Er stammte auch aus einer First 47.7 . Von einem amerikanischen Eigner, den ich beim letzten Besuch in Charleston in der Marina kenngelernt hatte. Er hatte sein Schiff inzwischen von den europäischen 50 Hz auf die amerikanischen 60 Hz umgerüstet. Seit dem stand der Generator in seiner Werkstatt. Mit nur 222 h hatte er ausgesprochen wenig gelaufene Stunden. Es dauerte einen knappen Nachmittag und die Maschine stand in meinem Cockpit. Von dort musste ich sie irgendwie in die Backskiste schaffen, anschließen und zum laufen bekommen. Ein paar Anbauteile für die neue Zweikreiskühlung gab es im örtlichen Autozubehörhandel. Als alle benötigten Teile an Bord waren, ging es an den Anker vor die Marina. Im Cockpit musste der Maschinenteil von der Bodenplatte getrennt werden. Komplett passte der Generator sowieso nicht in die Backskiste. Zusätzlich wollte ich die Anschlüsse an der vorhandenen Bodenplatte nutzen, da darauf alle Schläuche im Schiff passten. Nachdem die Bodenplatte in der Kiste installiert war, musste der Maschinenteil folgen. Mit Hilfe einer kleinen Konstruktion aus Taljen als Kran bekam ich ihn auch in die Kiste.

Natürlich nur senkrecht von oben. Der Platz der Bodenplatte ist aber nicht direkt unter dem Einstieg. Jetzt galt es das 120 kg schwere Teil über den Rand der Bodenplatte und über die Stehbolzen der Gummilager zu wuchten, ohne dabei die liegen Anschlüsse hinzurichten. Der Generator und ich in der Backskiste, da blieb ausgesprochen wenig Platz für irgendwelche Ansätze, um die Maschine zu bewegen. Es blieb bei griechisch-römisch, Griffe nur oberhalb der Hüfte erlaubt. Es dauerte. Es flossen Blut und Flüche. Als dann der letzte Bolzen aus der Aufnahme herausschaute, musste ich feststellen, dass bei dem Herumgewürge zwei Gummis abgerissen waren. Schei…. .

Ich habe lange mit mir gerungen, dass so zu lassen oder alles wieder auszubauen. Letztlich hat der Handwerker und Segler gewonnen. Das Ding muss auch beim Segeln fix stehen und wenn da erst einmal alles angeschlossen ist, dann gehe ich da nicht wieder so schnell ran. Also, alles wieder raus.

Tags drauf erblickte das Aggregat wieder das Licht des Cockpits. Auch die Bodenplatte kam wieder raus. Auf montierte ich die noch guten Lager der zweiten Platte. Meine Lager sahen dagegen schon recht angegriffen aus, was wohl auch ein Teil des Schadens war. Zusätzlich ging der Einbau mit einer neuen Taktik voran. Die Bodenplatte stand jetzt direkt unter dem Einstieg. So ließ sich der Generator am Kran leichter auf die Stehbolzen dirigieren. Wenn man vom Problem absieht, dass jetzt noch weniger Platz am Einstieg für mich war. Denn von oben ging er eben doch nicht auf die Bolzen. Da musste ich mit rein. Die Bodenplatte hatte ich vorher in der Kiste auf zwei Bretter gestellt, über die ich anschließend die 120 kg auf die äußeren Gummilager schieben wollte. Viel Spaß in der engen Kiste. Ich will die Details auslassen. Irgendwann war alles an Ort und Stelle. Es brauchte einen weiteren Tag, um alle Anschlüsse wiederherzustellen. Teilweise musste dazu der Generator dazu noch einmal von den Lagern gehoben werden, da z.B. die Bolzen der Wasserpumpe einfach nicht anders zu montieren waren. Es war eben nicht nur in der Kiste eng, sondern auch noch am Generator selbst. Nach fünf Tagen war es dann soweit und ich konnte den Startknopf drücken.

Tatsächlich, ein kurzes Ruckeln und er lief an und speiste Energie in die Batterien. Eine erste Inspektion verzeichnete auch keine Leckagen. Nach einer halben Stunde Probelauf hoffe ich, dass das so bleibt.

Über die Tage eine Plackerei, der sich wohl keine beauftragte Firma unterzogen oder nicht zu bezahlen gewesen wäre. An Kollateralschäden sind völlig geschundene Hände, zerschrammte Beine und eine geschlachtete Arbeitshose zu nennen. Dafür gibt es jetzt wieder eine größere Unabhängigkeit in der Energiefrage.

Der Generator läuft, die Heizung auch. Draußen erreicht die Temperatur in der Nacht die Frostgrenze. Im Schiff ist es mollig. Um weiterzusegeln spekuliere ich im Wetterbericht auf eine Situation, die vor allem nachts, die Temperaturen nicht einstellig werden lässt, ohne Regen und der richtigen Windrichtung W bis E über N. Mit dem Blick auf die nächsten 14 Tage ist das nicht in Sicht. Entweder warm, mit Regen, aber mit S-Wind oder W bis N-Wind und trocken, aber kalt. So wird es ein sehr spontaner Entschluss den Anker aufzuholen, als die Sonne am Morgen von einem klaren, blauen Himmel lacht und ein frischer W-Wind weht. Die 145 sm durch die Nacht bis nach Brunswick waren dann weniger kalt, als befürchtet. Kurze Hose, T-Shirt war trotzdem nicht angesagt. Dafür ging es runter bis ins 2. Reff, da der Wind zur Nacht noch bis 6 Bft. zulegte. Noch vor Sonnenaufgang war die Einfahrt nach Brunswick erreicht. Erst einmal zum Ausschlafen ankern, bevor ich dafür die teure Marina bezahle. Am zweiten Ankertag bekommt der neue Generator noch ein paar Lagerschienen, damit er auch bei Lage auf den Lagern bleibt.

Täglich passieren den Ankerplatz Autotransporter, die aussehen wie mächtige, schwimmende Schuhkartons. Sie legen in Sichtweite flussaufwärts an einer großen Pier an. Im Inland sieht man die qualmenden Schornsteine einer großen Industrieanlage. Dann verhole ich in die Marina. Für amerikanische Verhältnisse ist es hier mit 90 $ pro Nacht noch günstig. Dazu freie Waschmaschinen, Fahrräder und Freibier im Clubhaus. Das veranlasst einige der Snow Birds ihre Reise Richtung Süden hier zu beenden und zu überwintern. Jeden Tag ab 17.00 Uhr ist Social Meeting im Clubhaus. Die Ü60 Segelgemeinde baut eine kleine Tafel mit Speisen auf und der Bierhahn ist offen. Richtig frequentiert wird der Waschsalon. Ab 10.00 Uhr laufen die diversen Maschinen und Trockner im Dauerlauf. Früh sind die Frauen vor Ort. Nachmittags die Männer, da sich dann das Warten auf den Waschgang eher mit ein paar Freibier vereinbaren lässt. Man kommt ja in Kontakt. Vom morgendlichen Gruß am Steg: „Another day in paradiese“, bis zur Situation an den Waschmaschinen, wo eine offensichtlich schwerhörige, ältere Dame nicht hören konnte, ob die von ihr gerade befüllte Waschmaschine auch anläuft. Erst durch Handauflegen von mir auf die Maschine konnte sie überzeugt werden konnte, dass die Kiste läuft. Man hilft ja, wo man kann. Geschieden haben sich dann die Geister bei den Footballübertragungen am Wochenende im TV. Da war dann der jeweilige Lokalpatriotismus für den eigenen Bundesstaat ausschlaggebend. Auch bei den Damen. Da wurde es schrill und laut.

Mein Einkauf ist absolviert, die Wassertanks sind befüllt, das Schiff durchgeputzt und geduscht habe ich auch. Morgen soll es weitergehen. Ich hoffe, bis dahin ist auch die Propanflasche befüllt worden. Leider hat sich das nicht bewahrheitet. Es wird eifrig im Marinabüro nach der Flasche telefoniert, als ich ausklariere. Eine Stunde sitze ich noch in der Sonne, bis die Flasche wieder da ist. Na wenigstens voll. Ein kurzer Trip in den Cumberland Sound. Den Ankerplatz kenne ich auch schon. Früh am Morgen weiter. Blauer Himmel und ein frischer NW Wind. Den geplanten Stopp vor Jamestown lasse ich ausfallen. Es läuft gerade so gut. Das bedeutet dann aber auch eine weitere Nacht, um die 220 sm bis nach Fort Pierce zu absolvieren. Leider dreht der Wind in der Nacht auf N und kommt damit von hinten. In der Welle mit dem Groß und einem Bullen ein schmaler Grad für die Selbststeuerung. Also das Groß weg und mit der Genua weiter. Mit dem allerletzten Büchsenlicht bin ich zwischen den Molenköpfen der Einfahrt nach Fort Pierce. Hier strömt die Tide immer ordentlich mit bis zu drei Knoten. Hatte aber die Tide mit. Gut ist, wenn man den Ankerplatz schon kennt. Vor allem nachts. Viel Platz ist hier nicht, da sonst alles ziemlich flach ist. Aber, es war kein anderes Schiff vor Ort. Der Segelschlag von Brunswick/Georgia nach Fort Pierce/Florida war wegen der steigenden Temperaturen, vor allem in der Nacht, deutlich angenehmer, als die nächtlichen Schläge weiter im Norden. Die Wassertemperatur ist von 14 auf 21 Grad angestiegen. Es wird nicht mehr so kalt nach Sonnenuntergang.

Ein paar Biere machen das Ankommen in Florida rund.

Aus der anfänglichen Muße am Ankerplatz wird leider zwangsläufig ein längerer Aufenthalt. Hier war Zeit und Gelegenheit den aus Berlin mitgebrachten Mastlift auszuprobieren. Mit einem Fall wird eine Seiltrommel in den Masttop gezogen. In der Trommel ist eine Trageleine, die dabei mir abgerollt wird. Über eine Endlosleine an der Trommel mit einer Übersetzung zieht man sich selbst im Bootsmannsstuhl in den Mast. Leider verhält sich bei mir der Umfang des Bizeps umgekehrt proportional zum Hüftumfang. Heißt, es funktioniert, ist aber reichlich anstrengend. Die Quittung bekam ich zur Nacht. Der Schmerz lähmte die ganze rechte Schulter, den Arm und die Hand. Über Tage ging gar nichts mehr. Bei den Schmerzmitteln war ich schlussendlich bei den postoperativen Dröhnungen angekommen. Damit war ich zwar nicht schmerzfrei, aber es war auszuhalten, vor allem nachts. Da ist wohl eine alte Ski- und Volleyballverletzung wieder aufgebrochen, in einer Stärke, wie noch nie zuvor. Nach vier Tagen zeichnete sich so ganz langsam eine Besserung ab. Die Schwellung an Hand und Arm ging zurück. Nur gut, dass in der Zeit der Anker hielt. Ich hätte nicht eingreifen können. An den Aufbau des Schlauchbootes war schon gar nicht zu denken, um evtl. einen Arzt aufzusuchen. Hochseesegeln bedeutet per Definition einfach, unabhängig von Hilfe von außen mit allen Situationen an Bord klar zu kommen. Das war dann mal der Test über ein paar Tage vor Anker. In der Zeit zog zusätzlich noch eine Kaltfront über das Schiff. Die brachte, neben Starkregenschauern, auch Böen bis zu 10 Bft. mit. Aber, alles gut.

Neben der Lehre, dass ein gut gefüllter Arzneikasten Pflicht ist, werde ich meinen Aktionismus an Bord um den Begriff „altersgerechtes Arbeiten“ bereichern.

Gut mal wieder zu segeln. Bei blauem Himmel und mäßiger Brise zog das Schiff die Küste hinab bis nach Lake Worth. Hier ist der Platz zum Ankern limitiert durch Fahrrinnen und Flachs. Gleichzeitig ist Lake Worth das letzte Inlet an dem der Golfstrom nicht gleich vor der Ausfahrt nach Norden setzt. Ab hier, weiter südlich, strömt er schon dicht unter der Küste. Wer weiter nach Süden will, hat ihn draußen gegen sich, wenn auf dem ICW die Brücken und die Wassertiefe nicht mehr passen. Deshalb sammeln sich hier die Boote, die den Absprung auf die Bahamas planen. Entsprechend belegt war der Ankerplatz. Ich quetschte mich noch dazwischen; enger, als ich sonst ankern würde. Hier werde ich wohl bis in den Januar bleiben, bevor es auf die Bahamas geht. Da es keine Termine gibt, kann ich bummeln. Proviant, Diesel und Wasser sind zu bekommen. Das dreimonatige Visum für die Bahamas würde ab Januar dann bis April reichen. Das passt besser in die weiteren Pläne.

Jetzt ist aber erst einmal Weihnachten.